Jan Böhmermann zeigt Erdogan, was Meinungsfreiheit bedeutet

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Jan Böhmermann kritisiert heftig die nicht vorhandene Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei | Youtube/ZDF

Jan Böhmermann hat sich erstmals in aller Ausführlichkeit zu seinem sogenannten „Schmähgedicht“ über den türkischen Machthaber Recep Tayyip Erdoğan geäußert. Die Staatsanwaltschaft stellte Anfang der Woche die Ermittlungen wegen „Majestätsbeleidigung“ gegen den Satiriker ein, der Erdogan jetzt in einem Youtube-Video so richtig abwatscht.

Zunächst verlas Böhmermann eine Stellungnahme zu dem Fall, den viele als einfach nur lächerlich empfanden.

„Ich freue mich, dass die Staatsanwaltschaft Mainz nicht den Aufwand gescheut hat, sich die komplette Neo Magazin Royale Sendung vom 31. März 2016 anzuschauen. Wir bei ZDF Neo können jeden aufmerksamen Zuschauer sehr gut gebrauchen. Ich freue mich auch, dass die Staatsanwaltschaft Mainz mein juristisches Proseminar zum Thema ‚Was ist eigentlich Schmähkritik‘ in den inhaltlichen und zeitlichen Kontext gestellt hat und außerdem zu dem Schluss gekommen ist, dass ich – verkürzt gesagt – ein ‚unseriöser Quatschvogel‘ bin, der beruflich Blödsinn macht.“

„Alles andere hätte ich zwar schmeichelhaft, aber auch einigermaßen beunruhigend gefunden. Es steht also zumindest vorerst amtlich fest: Es geht im Kern um einen Witz.“

Böhmermann erklärte weiter, dass die den Witz als geschmacklos empfanden, andere als genau richtig. Auf jeden Fall sei dieses „Proseminar“ weder ein Zufall noch ein Ausrutscher der Redaktion gewesen, sondern bis ins Detail durchgeplant und „gewissenhaft“ vom ZDF abgenommen worden.

Es folgte ein Seitenhieb auf den Sender, der sich aufgrund der Brisanz dafür entschieden hatte, das Gedicht aus seiner Mediathek zu nehmen. Einige würden es auch als Einknicken vor Erdogan bezeichnen.

Für Jan Böhmermann sei es „enorm wichtig, in solchen Momenten und Zeiten einen starken, selbstbewussten, öffentlich-rechtlichen Sender mit klarer, unabhängiger Haltung und selbstbewussten Redakteuren hinter sich zu wissen, der Streit, Diskurs und Meinungsvielfalt nicht nur aushält, sondern aktiv befördert.“

„Ich stehe zu 100% hinter meinem Sender, dem ZDF.“

Dann kam Böhmermann zur Sache an sich und dass Meinungsfreiheit hier in Deutschland wie überall auf der Welt eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

„Man kann einen Witz immer überflüssig oder gelungen finden. Meinungsfreiheit – darin unterscheidet sich der Witz allerdings fundamental von den grundlegenden Werten unserer Gesellschaft. Im Vergleich was kritische Journalisten, Satiriker oder Oppositionelle in der Türkei damals und auch jetzt gerade durchmachen, ist dieses ganze Theater um die ‚Böhmermann-Affäre‘ schon wieder ein großer, trauriger Witz für sich, der sich leider völlig außerhalb meiner professionellen Qualitätskontrolle befindet.“

„Während Sie dieses Video sehen, sitzen in der Türkei Menschen in Haft, ohne Chance auf einen fairen Prozess; müssen ihre Reisepässe abgeben; dürfen das Land nicht verlassen; verlieren ihren Job, weil sie sich kritisch mit ihrem Land auseinandergesetzt haben; öffentlich oder in einem zu großen Kreis eine andere Meinung vertreten haben als erlaubt.“

In Deutschland lebende Türken würden sich kaum mehr trauen, ihren Verwandten in der Heimat etwas am Telefon zu erzählen, weil sie Angst vor den langen Fangarmen Erdogans haben.

„Das ist scheiße und genau darum geht es. Dass man sich in Deutschland in diesen Punkten, Meinungsfreiheit und Kunstfreiheit, sicher fühlen muss. Und zwar nicht nur privilegierte Medienfuzzies mit ’ner eigenen Sendung in der Digitalsparte, sondern jeder.“

„Wenn ein Witz eine Staatskrise auslöst, dann ist das nicht das Problem des Witzes, sondern des Staates.“

Zum Schluss nutzte Böhmermann die Gelegenheit, sein musikalisches Talent unter Beweis zu stellen. Er sang den Klassiker „Always Look On The Bright Side Of Life“. ?