Während tagelang der Terror in Paris die Schlagzeilen beherrschte, kehrt Fernsehdeutschland langsam wieder zur Normalität zurück. Das bedeutet, dass man sich über vergleichsweise unwichtige Dinge wie den deutschen Beitrag zum Eurovision Song Contest 2016 echauffieren kann. Der NDR hatte die glorreiche Idee, Xavier Naidoo zum Wettbewerb nach Stockholm zu schicken. Der Fehler war, dass niemand – wie in den Vorjahren – die Zuschauer nach ihrer Meinung fragte, deshalb gab es einen Shitstorm vom Allerfeinsten gegen den Sender, der schließlich einknickte und Xaviers Teilnahme cancelte. Das wiederum regt nun einige bekannte Freunde des Sängers tierisch auf.
Auf Facebook beklagte sich der Komiker Michael Mittermeier über einen „billig initiierten Presse-Shitstorm“, der in Deutschland ein „Klima der Hetze“ entstehen ließ und den NDR zum Einlenken bewegte.
Xavier Naidoo wird vorgeworfen, dass er rechtsextrem, schwulenfeindlich und antisemitisch sei. Diesen Eindruck befeuerte er in den letzten Jahren mit einigen unbedachten Aussagen und Handlungen. Zum Beispiel erklärte er 2011 im „ARD Morgenmagazin“, dass Deutschland immer noch besetzt und schon gar nicht frei sei. Drei Jahre später trat er vor einer Menge von selbsternannten „Reichsbürgern“ auf, die Deutschland nicht als Staat anerkennen.
Der NDR-Unterhaltungschef Thomas Schreiber erklärte am Samstag in einem Statement, dass für alle die „Wucht der Reaktionen“ überraschend kam und er Naidoo persönlich weder für rassistisch noch homophob hält. Trotzdem entschied man sich dazu, die Nominierung des Sängers zurückzunehmen, weil die Diskussion dem Ansehen des ESC schaden würde.
Mittermeier ist anderer Meinung. „Ich würd ja sagen, all die gesamtteilnehmerischen, grottenschlechten bis mittelmäßigen Musikbeiträge in den letzten Jahren haben dem ESC mehr geschadet. Mal schauen welches singende Falschgeld nun für uns Deutsche antreten wird.“ Sein nicht ernst gemeinter Wunsch ist, dass derjenige dann genauestens von NSA, CIA und CSU durchgecheckt wird. „Jetzt können uns nur noch Gott oder Helene Fischer retten…oder Gotthilf Fischer.“
Auch Schauspielstar Til Schweiger, der wegen seiner Haltung zur Flüchtlingsproblematik selbst nicht unumstritten ist, zeigte sich „geschockt“ über das Absägen von Xavier Naidoo. „Ich bin erschüttert, wie hier mit einem der größten dt. Sänger, der auch als Mensch einer der liebsten, lustigsten und gutmütigsten Menschen im Showbusiness ist, die ich kenne, umgegangen wird“, schrieb er auf Facebook. Er vergleicht die Berichterstattung über Xavier und den ESC mit einer Form von Terrorismus. „Es gibt viele Nazis in diesem Land und mindestens genauso viele Schwulenhasser, kümmert Euch um DIE, denn Xavier gehört nicht dazu!!!!“
Rea Garvey, der mit Naidoo seit der gemeinsamen Jury-Zeit bei „The Voice Of Germany“ befreundet ist, stärkte seinem Kumpel ebenfalls den Rücken. „Ich weiß echt nicht, was ich sagen soll“, schrieb er auf Englisch. „Jeder der denkt, ich würde mein Zuhause mit einem Rassisten, einem Schwulenhasser oder einem Extremisten teilen, der kennt mich nicht und will es wahrscheinlich auch nicht, weil die Lügen und Unwahrheiten eine Welt schaffen, in der sich Hater wie Helden in einem Fantasyfilm fühlen. Diese Männer sind meine Freunde und wenn ich an ihrer Seite stehe, dann würde ich sie als meine Brüder bezeichnen.“
Xavier selbst gibt sich nach außen hin übrigens gelassen. Er erklärte, „Meine Leidenschaft für die Musik und mein Einsatz für Liebe, Freiheit, Toleranz und Miteinander wird hierdurch nicht gebremst.“