Kaum ist der Albtraum mit dem Erdogan-Schmähgedicht halbwegs aus der Presse verschwunden, sorgt Jan Böhmermann für den nächsten Aufreger. Mit seinem „Neo Magazin Royale“ schleuste er einen Kandidaten in die RTL Trash-Show „Schwiegertochter gesucht“ mit Vera Int-Veen ein und deckte gleichzeitig ein eklatantes Fehlverhalten der zuständigen Redakteure auf. Deshalb zieht der wachgerüttelte Sender nun Konsequenzen.
In ausführlichen Statements bezogen alle Beteiligten Stellung zu der Verarsche, die überall nur noch als #Verafake bekannt ist, weil Böhmermann den passenden Hashtag gleich mitlieferte.
„Bei der Produktion einer Folge von ‚Schwiegertochter gesucht‘ sind Fehler im Bereich der redaktionellen Sorgfaltspflicht gemacht worden“, gab der RTL-Unterhaltungschef Tom Sänger zu. Der Sender und die Produktionsfirma Warner übernehmen die volle Verantwortung dafür, deshalb wird kurzerhand das alte „Schwiegertochter gesucht“-Team gegen ein neues ausgetauscht.
Worum geht es bei #Verafake eigentlich?
Jan Böhmermann hat den Schauspieler Simon Steinhorst bei „Schwiegertochter gesucht“ eingeschleust. Monatelang wurde dieser Coup bis ins kleinste Detail geplant. Sogar eine Wohnung in Duisbug wurde angemietet, um den Fake so echt wie möglich wirken zu lassen. Steinhorst gab sich als „einsamer Eisenbahnfreund“ Robin Schulte (21) aus, der noch Jungfrau ist und auch auf Schildkröten abfährt. Von einer Redakteurin bekam er geflüstert, was er vor der Kamera zu sagen hatte. Er wurde genötigt, ein Herzchenpuzzle zusammenzusetzen und sich Plüsch-Hausschuhe anzuziehen.
Sein verpeilter Vater René (38) war natürlich auch falsch. Gespielt von Andreas Schneider. Obwohl er zugab, bis zu 8 Flaschen Bier am Tag wegzupicheln, kreuzte die Redakteurin „nein“ an, als es auf der Eidesstattlichen Erklärung um die Frage ging, ob die Teilnehmer der Show Alkoholiker sind. Auch nahm man es nicht so genau, als Fake-Papa René aufgrund seiner verlegten Lesebrille die Vertragsdetails gar nicht erkennen konnte.
Den Vogel abgeschossen hat die Gage/Aufwandsentschädigung von mickrigen 150 Euro für 30 Drehtage. Bei angeblich 90.000 Euro Werbeeinnahmen pro Sendeminute ein echter Witz, über den man noch nicht mal gut lachen kann.
Erklärungsversuche von RTL
RTL redet sich so raus: „Jedem Arbeitslosen – in diesem Fall haben die beiden Schauspieler angegeben, arbeitslos zu sein – würden bei einer höheren Summe die Bezüge wie das Arbeitslosengeld gestrichen.“ Außerdem sei nicht das Geld die Motivation zur Teilnahme an der Show, sondern die Aussicht auf einen Partner.
Es handelte sich also genau genommen um einen Freundschaftsdienst, anstatt um Ausbeutung, wenn wir das zusammenfassen. Uns stellt sich dabei die Frage, ob nicht-arbeitslose Kandidaten mehr bekommen?!
Die Angabe nach dem Alkoholkonsum sei eindeutig falsch und damit „ein Fehler“ gewesen.
Doch es wird noch kurioser! Schildkrötenfreund Robin bekam von der Produktion extra noch mehr Schildkröten-Deko in die Wohnung gestellt. Der Sender begründet das so, dass es „Gastgeschenke“ gewesen seien und „keine gezielte Manipulation oder Verdrehung von Tatsachen“.
Statement der Produktionsfirma zur Böhmermann-Verarsche
Immerhin gesteht der Geschäftsführer der Warner Bros. ITVP Deutschland GmbH, René Jamm, ein: „Respekt an Herrn Böhmermann. Wir sind ihm komplett auf den Leim gegangen, denn er hat uns einen sympathischen Schwiegersohn präsentiert.“ Man sei darauf reingefallen und habe gleichzeitig die „redaktionelle Aufsichtspflicht missachtet“. Inhaltlich wie personell will man nun umstrukturieren.
Jan Böhmermann hat jedenfalls erreicht, dass nun nur noch über #Verafake gesprochen wird und nicht mehr über die Erdogan-Kritik. Hut ab!