Nach Gaucho-Tanz: Weltmeister werden als „Nazis“ beschimpft

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Der Gaucho-Tanz bei der Weltmeisterfeier sorgt für überflüssige Diskussionen | Foto: ARD

Fast die gesamte Republik feierte die deutsche Nationalspieler für ihren Sieg bei der Weltmeisterschaft in Brasilien. Doch hinterher zeigt sich, dass das Haar in der Suppe gefunden werden kann, wenn man es darauf anlegt. Bestes Beispiel ist der Gaucho-Tanz von Jogi Löws Truppe beim Empfang am Brandenburger Tor in Berlin, der nach Meinung einiger Versprengter nationalsozialistische Tendenzen aufwies.

Toni Kroos, Miroslav Klose, Andre Schürrle, Mario Götze, Shkodran Mustafi und Roman Weidenfeller sangen aus vollster Kehle: „So geh’n die Gauchos, die Gauchos, die geh’n so!“ Dazu watschelten sie geduckt in Richtung der 400.000 Leute auf der Fanmeile. Gefolgt von einem schnurgeraden, „So geh’n die Deutschen, die Deutschen die geh’n so!“

Genau da hörte der Spaß für einige Leute auf, die mit der Aktion eine Verhöhnung des Finalgegners aus Argentinien sahen. Der Aufschrei war groß, besonders deutsche Pressevertreter, die nur einen Tag vorher die Mannschaft noch in den Himmel hoben, zeigten sich als Spaßbremsen.

So sprach die ‚FAZ‘ von einem „gigantischen Eigentor“ mit dem die deutschen Weltmeister „das Image als weltoffene, tolerante Nation“ verspielen würden. Der ‚Tagesspiegel‘ klinkte sich mit ein und nannte den Gaucho-Tanz „geschmacklos“ und die feiernden Spieler „Riesentrottel“.

Wenn noch nicht einmal die deutsche Medienlandschaft versteht, dass sich nach dieser mehrwöchigen Fußball-Tortour (mit Happy End!) auch mal ausgelassen gefreut werden darf, wieso sollten es dann die ausländischen Berichterstatter tun? Die argentinische Sportzeitung ‚Olé‘ denkt nun allen Ernstes, dass die Deutschen sich für „eine andere Rasse“ halten würden. Die Zeitung ‚Infobae‘ nannte es eine „provokative, anti-argentinische Feier“.

Der Radiosender ‚Continental Buenos Aires‘ ging sogar noch weiter und schwang in der Sendung die Nazi-Keule, weils so gut passt und stets die naheliegendste Erklärung ist. Der Moderator beschimpfte Jogis Team als „ekelhafte Nazis“, womit dann wirklich die Grenze zwischen sachlicher Kritik und grober Dummheit überschritten wurde.

Sind wir nun schlechte Gewinner oder die Argentinier einfach verbitterte Verlierer, die uns die Freude nicht gönnen? Ansichtssache. Es gibt Gott sei Dank nicht nur Lästerschwestern im Netz, sondern auch positive Stimmen der Fans, die unter dem Twitter-Hashtag #Gauchogate etwas Schadensbegrenzung betreiben.

Der Elektronikriese Media Markt tweetete, „#gauchogate. Wie die deutsche Presse aus einer Mücke einen Elefanten macht! #wirsindweltmeister“. Userin Henriette Waschbär merkte an, „Zum Glück etwas anstößiges an der Feier gestern gefunden. Wäre ja sonst viel zu schön und nicht-deutsch gewesen.“. Und ein gewisser Thomas schrieb: „Die Argentinier haben über #Neymars Verletzung gejubelt und wir müssen uns jetzt für ein Lied entschuldigen? Armes Deutschland..“

Trotzdem sah sich DFB-Präsident Wolfgang Niersbach genötigt, sich für seine Spieler rechtfertigen zu müssen. Dem ‚Focus‘ sagte er, „Ich weiß von Oliver Bierhoff, dass die Idee der Spieler spontan aus der Emotion und Freude heraus entstanden ist. Sie sind alle absolut anständige und faire Sportsleute, die sich über niemanden lustig machen, sondern einfach nur ausgelassen mit den Fans feiern wollten.“ Außerdem wolle er persönlich noch einen Brief in Richtung Argentinien schicken, indem er die Situation entschärfen will.

Das Sommerloch scheint in diesem Jahr wirklich noch größer zu sein als gedacht. Wenn es sonst nichts zu berichten gibt, werden alte Geschichten über Hitler ausgegraben oder frischgebackene deutsche Weltmeister als Nazis abgestempelt. Tief durchatmen, im Herbst wird hoffentlich alles besser…

http://youtu.be/yu76Yac3hNU